FÜR DEN INHALT VERANTWORTLICH MICHAEL MARTIN
MARTINS STORY
Denn in der Mitte des Arbeitslebens durfte ich mir auch einmal die eine oder andere grundsätzliche Fragen erlauben. Zum Beispiel: Wie legen wir die zweite Halbzeit an? Meine Antwort: Ecken und Kanten werden wieder Platz haben. Das gilt für meine Weine, aber auch für die Mitarbeiter. Also welcome im wundersamen Reich einer niedlichen Horde von Spinnern! (Im positiven Sinn, hoffe ich …)
Bevor ich Ihnen erzähle, wie ich die Wende schließlich geschafft habe, möchte ich Ihnen diejenigen vorstellen, die mir dabei ganz entscheidend geholfen haben.
…Da wäre die Gerda im Büro. Als sie zu uns kam, hat sie gemeint, dass Kundengespräche wahrscheinlich nicht ganz ihr Ding sind. Zu mühsam. Heute quatscht sie den ganzen Tag mit ihnen und ist auch noch glücklich dabei
.…Heidi im Versand kann es ganz persönlich einfach nicht ausstehen, wenn sie auf bestellte Schuhe warten muss. Naja, deshalb legt sie sich auch wirklich dafür ins Zeug, dass unsere Weine möglichst schnell bei den Kunden sind. Die wollen ja auch nicht warten
……Hubert ist seit immer und ewig am Haus und Hof, nur er weiß, wer ein- und ausgeht
.…Lorenz ist eine Art Chaot. Beim Liefern läuft nicht immer alles wie geplant. Zum Glück biegt er am Schluss aber doch immer alles richtig hin.
…Jaroslav kann auch nach Jahren kein Deutsch. Wenn er im Weingarten ist, braucht er das aber auch gar nicht. Dort kennt er sich nämlich blind aus.
.…Klapper „Fhöni“ ist unser Grafiker. Ihm war wichtig, auf die Etiketten „FÜR DEN INHALT VERANTWORTLICH MICHAEL MARTIN“ zu schreiben. Er fühlt sich eher für den Konsum als für die Produktion des Weins zuständig.
.…Hermann Nitsch ist wiederum Maler und auch kein Weinbauer. Wir betreuen deshalb seinen Weingarten und machen seine Weine. Nitsch hat richtig Ecken und Kanten.
Michi (das bin ich!) kann sich am schlechtesten einschätzen. Vielleicht schaffe ich es, alle zusammenzuhalten und sicher schaue ich drauf, dass unser Wein in Ordnung ist.
GELD SCHIESST KEINE TORE
Was habe ich in meinem persönlichen Wendejahr 2011 noch entschieden? Zum Beispiel, dass mein Hof ein Familienbetrieb bleiben soll, den ich später einmal gut an eines meiner Kinder weitergeben kann. Das Ziel waren ca. 20 ha Weingarten mit österreichischen Burgunderweinen, meinen erklärten Lieblingen. Da die betrieblichen Einrichtungen auf einem guten Stand waren, habe ich mir Verbesserungen auf dem Gebiet erspart. Klar kann man immer mehr Geld reinstecken und dann leichter und schneller produzieren. Aber das sollen die machen, die sich der breiten Masse verschrieben haben. Als Weinbauer bin ich kein Industrieller.
Echte Innovationen kommen immer von den kleinen Betrieben.
AUF DASS ES SO RICHTG WURLT!
Ich sage, dass nachhaltige Verbesserungen primär aus dem Weingarten kommen. Dort spielt die Musi. Und auf diesen Bereich habe ich mich deshalb zuerst konzentriert. Vor allem der Boden hat es mir angetan. Weil aus dem Boden alles kommt, was die Pflanze braucht, um hervorragende Trauben wachsen zu lassen. Wir haben also begonnen, besser zu begrünen und durchzulüften, weil wir mehr Lebewesen im Boden, mehr Bienen, Insekten und Kleinstlebewesen und eine größter Pflanzenvielfalt wollten. Warum? Weil für den guten Wein alle mitarbeiten! Dann haben wir die Düngung angepasst.
Auch wenn 2014 kein ermutigendes Jahr war, haben wir doch immer gewusst, wohin die Reise gehen soll. Unsere Weine sollten typischer und auch leichter werden, denn die kräftigen Jahre sind vorbei. Weniger Alkohol also, dafür ein vollerer Duft, ein reiferer Geschmack, rund, aber doch mit Ecken und Kanten, eben eigenwillig – wie alles im und um den Martinshof.
Anders ausgedrückt: Man trifft sich mit einem Freund, quatscht intensiv, der Wein schmeckt, man öffnet eine zweite Flasche und das Gespräch nimmt noch einmal richtig Fahrt auf. Diese Art von Wein wollten wir machen! Einen, der beflügelt und nicht einen, der einen erschlägt.
EIN LANGER WEG:
ABER WIR SIND ANGEKOMMEN!
Wenn ein Koch etwas verbessern will, hat er täglich zig Chancen dazu. Ein Weinbauer kann einmal pro Jahr eingreifen – und muss im Endeffekt mit vier bis sechs Jahren rechnen, bis er das gewünschte Ergebnis erreicht.
Das Jahr 2014 haben wir zum Glück überstanden, danach hat die See umgeschlagen. Die Weingärten haben trotz Trockenheit zu blühen begonnen. Die Nachbarn wundern sich schon und fragen, wieviel Wasser wir gegeben haben…
Nichts haben wir gegeben, nichts. Der Boden war es. Und der Boden war es auch, der jetzt für höhere Erträge gesorgt hat. Schlecht für die Qualität der Trauben? Überhaupt nicht, durch die ausgewogene Ernährung ist einfach die Leistungsfähigkeit entsprechend gestiegen. Heute sind wir an einem Punkt, wo wir sagen können, der Weg war schwer, aber es hat sich ausgezahlt, ihn eingeschlagen zu haben. Jetzt fängt der Spaß erst so richtig an.